Geschichtliches - Ein Blick in die Vergangenheit

Vorgeschichtliche und antike Funde

Bereits vor rund 4.000 Jahren war der Bereich der heutigen Gemeinde Wardenburg besiedelt. 1880 fand man am Ostrand des Vehnemoores zwei Scheibenräder - wahrscheinlich aus der älteren Bronzezeit, zwischen 1750 und 1550 v. Chr. Des Weiteren sind in Oberlethe Spuren einer Siedlung aus der römischen Kaiserzeit (etwa 300 n. Chr.) gefunden worden. Im Grenzbereich zwischen Littel und Benthullen, 4 Kilometer vom Fundort der Scheibenräder entfernt, wurden Reste eines Textilumhangs gefunden, der in dieser Art einmalig in Deutschland ist. Dieser „Prachtmantel aus dem Vehnemoor“, heute im Landesmuseum für Natur und Mensch in Oldenburg zu bestaunen, stellt für die Zeit um 300 n. Chr. Spitzentechnologie in der Webkunst dar. 

Mittelalter

Das Bild zeigt das Wahrzeichen Wardenburgs: Den Glockenturm 

Die „alten Ortschaften“, also Westerburg, Astrup, Wardenburg, Tungeln und Oberlethe, sind bereits seit dem frühen Mittelalter besiedelt. Erstmals urkundlich erwähnt wird Westerburg, damals noch Hauptort der Gemeinde, im Jahre 890. Die Wikinger „besuchten“ diesen Ort und legten Kirche und umliegende Bauernhöfe in Schutt und Asche. Aber die Westerburger waren selbstbewusst genug und bauten Kirche und Häuser wieder auf. Im 13. Jahrhundert werden dann auch Astrup, Wardenburg und Oberlethe urkundlich erwähnt. In diesen Ortschaften hatten sich kleine Landadelige, sogenannte Ministerialen, herausgebildet.

Von Wardenberge zu Wardenburg

Wenn das damalige Wardenberge auch schon lange vorher besiedelt und auch urkundlich erwähnt wird, war es letztlich die Burg, die um das Jahr 1270 vom Landjunker Robert zu Westerholte an der Lethe gebaut wurde und Wardenburg zu einem wichtigen Mittelpunkt in der Region werden ließ. Die Westerholtes verdingten sich zuvor als Dienstmannen des Grafen Johann von Oldenburg. Um 1270 kam es jedoch zu Spannungen mit dem Grafen. Mithilfe seiner Partner Heinrich von Bremen, Lüder von Hude sowie die Grafen von Welpe und Bruchhausen begann Robert von Westerholte als Westerholtscher Ritterbund mit der Errichtung einer Festung an dem Flüsschen Lethe, die zunächst den Namen Swippenberge trug. Durch die Burg wurde Wardenberge schließlich zu Wardenburg.

War der Bau einer Burg an sich nicht schon genug der Provokation in Richtung des Oldenburger Grafen - mittlerweile Christian III. -, zog Robert von Westerholte mit einer Schar gen Oldenburg und fügte dem Grafen von Oldenburg, Christian III., „großen Schaden“ zu. In der Tungeler Marsch kam es folglich zum entscheidenden Gefecht zwischen Grafen und Ritter, das mit einem Sieg der Oldenburger und für den Ritter Westerholte vorerst im Oldenburger Burgturm endete.

Die Oldenburger manifestierten ihre Macht in der Region und die Burg Swippenberge entwickelte sich zu einem Herrschaftszentrum, dem die Westerholtes nunmehr als treue Vasallen dienten.

Welchen Lauf die Wardenburger Ortsgeschichte genommen hätte, wenn Robert von Westerholte den Oldenburger Grafen in der Tungeler Marsch besiegt hätte - ob Oldenburg heute möglicherweise ein Vorort Wardenburgs wäre – bleibt der Fantasie des kreativen Lesers überlassen.

 Marienkirche und Glockenturm

Natürlich gehörte zu einer solchen Burg auch eine Kirche. Die eigentlich zuständige Kirche stand allerdings in Westerburg. So erstaunt es nicht, dass zur Burg dann auch fast zeitgleich eine Kapelle in Wardenburg nachweisbar ist. Mit einer angeblich wundertätigen Marienstatue wurde sie eine auch überregional bekannte Pilgerstätte und wohlhabend. Zur repräsentativen Ausstattung des Zugangs zum Kirchengelände baute man auf Ziegeln im Klosterformat einen Glockenturm. Er alleine hat die Jahrhunderte überdauert und ist noch heute Wardenburgs Wahrzeichen.

Graf Tilly in Wardenburg

Im Dreißigjährigen Krieg wurde Wardenburg 1623 vom kaiserlichen General Tilly und seinem Heer mit 25.000 Soldaten heimgesucht. Drei Wochen lagerte das Heer auf dem Wardenburger Esch, um dann nach zähen Verhandlungen mit dem Grafen Anton Günther von Oldenburg und Entgegennahme reicher Geschenke kampflos wieder abzuziehen.

 Zeit der Hollandgänger

Im 18. und 19. Jahrhundert zeigten viele Wardenburger ungeahnte Fähigkeiten im Handwerk. Als Stukkateure gingen Jahr für Jahr mehrere hundert Einwohner der Gemeinde „als Gastarbeiter“ ins benachbarte Holland, um dort gute Gulden zu verdienen. In ganz Holland waren speziell die Wardenburger für ihre Geschicklichkeit in diesem Bereich bekannt.

 19. und 20. Jahrhundert

Im 19. und 20. Jahrhundert erfolgte die große Binnenerschließung der Gemeinde. Waren noch bis fast 1850 rund zwei Drittel der Gemeinde wahre Wildnis, so ging man jetzt zielstrebig an die Erschließung dieser Potentiale. Beide Weltkriege brachten den Einwohnern der Gemeinde Elend und Not. Bis nach 1945 entstanden zahlreiche neue Ortschaften, die weiten Flächen wurden nutzbar gemacht. Nach 1945 wuchs die Gemeinde durch den Zuzug zahlreicher Flüchtlinge und Vertriebener. Ab ca. 1975 erfolgte dann durch die Erschließung größerer Wohn- und Gewerbebauflächen eine zweite Siedlungswelle mit nochmaligem deutlichem Bevölkerungszuwachs.

 

Eine umfangreiche Darstellung von Wardenburgs Geschichte bis 1995 findet sich in Wolfgang Stelljes Chronik „Wardenburg – ein Lesebuch zur Geschichte einer Gemeinde im Oldenburger Land“ (ISBN 3-89598-3047).